Verschlüsselte Formulierung in einem Zeugnis

BAG Urteil vom 15.11.2011 erkennt in der in einem Zeugnis enthaltene Formulierung, „als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt“, nicht eine abwertende Bewertung, wonach der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation attestiere. 
 
Nach § 109 I GewO hat der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis darf gem. § 109 II 2 GewO keine Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen (Grundsatz der Zeugnisklarheit).


Der Kläger war in der Zeit vom 1. 4. 2004 bis zum 28. 2. 2007 als Mitarbeiter im „SAP Competence Center“ der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte erteilte ihm unter dem Beendigungsdatum ein Zeugnis. Dieses enthielt auszugsweise folgenden Absatz:
„Wir haben den Kläger als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte. Der Kläger war jederzeit bereit, sich über die normale Arbeitszeit hinaus für die Belange des Unternehmens einzusetzen. Er erledigte seine Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit.“
Der Kläger wendet sich, soweit für die Revisionsinstanz noch maßgeblich, gegen die Formulierung „kennen gelernt“. Er hat die Auffassung vertreten, diese Formulierung werde in der Berufswelt überwiegend negativ verstanden. Damit bringe der Arbeitgeber verschlüsselt zum Ausdruck, dass gerade das Gegenteil der jeweiligen Aussage zutreffe. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers war vor dem Neunten Senat ohne Erfolg (BAG, Urt. v. 15. 11. 2011 – 9 AZR 386/10).

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