Betriebsratsvorsitzender im Café - statt bei einer Fortbildung


Wer auf Firmenkosten für eine Fortbildung angemeldet ist und diese für eine private Verabredung schwänzt, riskiert seinen Arbeitsplatz, entschied das LAG Niedersachsen am 28.02.2024.

Der Betriebsratsvorsitzende eines Amazon-Standorts war für einen dreitägigen Fortbildungskongress (Betriebsrätetag) in Bonn angemeldet. Kostenpunkt für den Arbeitgeber: rund 2.000,00 €. Der Arbeitgeber warf dem Betriebsratsvorsitzenden vor, dass dieser lediglich am ersten Tag an dem Betriebsrätetag teilgenommen habe. An den beiden Folgetagen sei er der Veranstaltung vollständig ferngeblieben und ausschließlich privaten Angelegenheiten nachgegangen. Er besuchte ein Cafe und traf sich mit seiner Ex-Partnerin. Aufgrund seiner Angaben im Arbeitszeitnachweis bestand der Verdacht eines Arbeitszeitbetruges.

Der Betriebsratsvorsitzende hatte eingeräumt, den Betriebsrätetag am Vormittag des zweiten Tages verlassen zu haben, um aus privaten Gründen nach Düsseldorf zu fahren. Er habe jedoch während der von ihm angegebenen Zeiten stundenlang Betriebsratsarbeit in einem Café in Düsseldorf geleistet und anschließend bei seiner Ex-Frau übernachtet. Als freigestellter Vorsitzender des Betriebsrates könne er auch mobil arbeiten.

Betriebsratsmitglieder genießen allerdings gem. § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) besonderen Kündigungsschutz. Sie dürfen nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Ferner muss zudem nach § 103 BetrVG der Betriebsrat der Kündigung zustimmen. Die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden beantragte der Arbeitgeber beim Betriebsrat. Der Betriebsrat erteilte die Zustimmung zur Kündigung seines Vorsitzenden nicht, woraufhin der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht Lüneburg die Ersetzung der Zustimmung beantragte. Das Arbeitsgericht Lüneburg ersetzte erstinstanzlich die fehlende Zustimmung des Gremiums. Der Betriebsratsvorsitzende ging hiergegen in Berufung.

Das LAG Niedersachsen bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Ein wichtiger Grund i. S. v. § 626 BGB liege aus Sicht des Gerichts für die beabsichtigte außerordentliche Kündigung vor. Der Betriebsratsvorsitzende hat selbst zugegeben, den Betriebsrätetag spätestens am Vormittag des zweiten Tages eigenmächtig verlassen und bis zum Schluss nicht mehr daran teilgenommen zu haben. Bereits hierin liege ein schwerwiegender Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten.

Darüber hinaus bestand nach Überzeugung der Kammer zumindest der dringende Verdacht, dass der Betriebsratsvorsitzende in seinem Arbeitszeitnachweis für den zweiten Tag bewusst falsche Angaben gemacht hat. Die vom Betriebsratsvorsitzenden abgegebene Begründung, anderweitige Betriebsratsarbeit geleistet zu haben, hielt die Kammer nicht für glaubhaft. Sie habe auch im Widerspruch zu Erklärungen gestanden, die der Betriebsratsvorsitzende nach der Rückkehr gegenüber anderen mitgereisten Betriebsratsmitgliedern abgegeben hatte. Diese Verstöße rechtfertigen aufgrund der Fallumstände eine außerordentliche Kündigung.

Zwischenzeitlich hat sich der Betriebsratsvorsitzende auf einen Aufhebungsvertrag eingelassen, so dass es keine Revision gegen die Entscheidung geben wird.
(LAG Niedersachsen, Beschluss v. 28.02.2024 – 13 TaBV 40/23).

Ihr Ansprechpartner ist Dr. Bernd Dollmann 07931 / 9702 - 11 (Frau Korkes)

Save the Date: Personaltag am 10./11.10.2024

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